Auto fahren

Ich fahre Auto, täglich, bekenne mich dazu, auch unnütz gerne zu fahren. Mit meinem, unserem Auto verbinde ich Reste meines “Easy-rider-feelings” aus meiner Jugendzeit, die Illusion, einfach auf und davon brausen zu können.
Früher habe ich andere Anhänger dieses Lebensgefühls, die Tramper, gerne mitgenommen. Die Lust darauf minderte sich mehr und mehr und zwar im gleichen Maß, wie die Zahl der Tramper, die mich siesten, stieg.
Und heute ist es so, dass ich mich nur ganz selten traue, jemanden eine Fahrt in meinem Auto anzubieten. Und das hat mit der Aufgabenverteilung in unserer Familie zu tun.
Vor vielen Jahren, als die drei Kinder noch klein, Frank und ich noch jung und die Arbeit in Haushalt noch immens war, teilten wir uns partnerschaftlich die verschiedensten Bereiche.
Mir fielen zum Beispiel die Bereiche Ernährung und Gesundheit zu, Frank Wäschepfege und Auto. Auto und alles , was dazu gehört, also auch Ordnung und Sauberkeit des Mobils.
Jahre gingen ins Land, das Leben und seine Gewohnheiten änderten sich, nur eines blieb: Frank ist für das Auto verantwortlich.
Das ist zwar total paradox, seit nunmehr elf Jahren fährt Frank nur noch selten mit dem Auto, da er für die Fahrt zur Arbeit und zurück den Zug bevorzugt. Er dasselbe also nur auf Wegen der Freizeit benutzt.
Ich hingegen fahre und verschmutze das Auto täglich. Nun bin ich im Allgemeinen kein unordentlicher Mensch. Ich bin auch nicht superordentlich, sagen wir mal Mittelmaß, was auch nicht viel heißt, denn wer legt denn das schon fest?
Also, ich bin recht ordentlich. Außer im Auto, denn für das ist ja Frank verantwortlich. Und, wenn ich einmal Verantwortung abgegeben habe, dann ist das endgültig. Mich stört der Kroß , der Dreck im Auto überhaupt nicht, weder außen noch innen.
Kroß innen, das bedeutet zur Zeit, nur dass man mal eine Ahnung hat :
Im Fußraum des Beifahrers liegen: Diverse alte Zeitungen, alte Briefe, Panninibildchentüten, eine Plastiktüte mit Abfall, leere Kaffebecher, zwei Paar Schuhe, mehrere Getränkeflaschen mit unterschiedlicher Füllhöhe, Straßenkarten, eine verschollene und zerknüllte Überweisung, Steine – die sammele ich als Andenken, Geschenkband,….diverse Kleinigkeiten.
Auf der Ablage liegt ein Sammelsurium aus Fachbüchern, Unterhaltungsliteratur, die lese ich, wenn ich zwischen zwei Kursen im Auto Pause mache.
Das tue ich sehr gerne, Pause im Auto machen, ich trinke, esse, schlafe im Auto. Gut, das Schlafen trägt nicht so zur Unordnung bei, wenn man von dem Schlafsack auf der Rückbank absieht. Den kann ich aber nicht mehr zum Schlafen benutzen, da es sich darin die Hunde zuletzt gemütlich gemacht haben. Die Hunde unterstützen den Prozess zur Unordnung natürlich auf ihre eigene Art und Weise durch Haare und Schmutz bei schlechtem Wetter.
Hinten auf der Ablage liegt immer soviel herum, dass ich mittlerweile perfekt darin bin, nur mit Außenspiegel rückwärts zu fahren.
Der Boden im hinterem Raum ist auch nicht frei, Gummistiefel, weitere Flaschen, Verbandskästen(drei!), noch mehr Steine und der ein oder andere unverderbliche Einkauf wie Hundefutter oder Klopapier befindet sich dort.Über den Zustand des Kofferraumes mag ich nichts sagen.
Ich versuche mich immer an die Regel zu halten, mehr aus dem Auto mit heraus zu nehmen, als ich mit hinein getragen habe. Das klappt allerdings nur bedingt, ich nehme einfach zuviel mit hinein. Der Füllgrad des Wagens verändert sich wie der Stand des Mondes, hat aber, seitdem wir den Wagen Karneval vor einem Jahr erstanden haben, nie mehr Neumond erreicht.
Ronja prägte deshalb einen neuen Ausspruch: “Hier sieht es ja aus, wie bei Tählichs im Auto!”
Und das ist auch der Hauptgrund, warum ich nicht so gerne jemanden im Auto mitnehme. Zum einen hätte er ja, egal auf welchem Platz, Schwierigkeiten die Füße unter zu kriegen, zum anderen scheinen die meisten Menschen es nicht zu mögen, wenn man so mit Autos umgeht. Dann schon lieber Unordnung im Wohnzimmer. Ist doch schon komisch, selbst Typen, deren Küchen so aussehen, dass du da lieber nichts ißt, scheinen sich berufen zu fühlen, dir sagen zu müssen, dass du das Auto mal aufräumen, waschen, ölwechseln…. müßtest.
Übrigens Ölwechsel! Bei vorvorletzten Auto hatten wir davon zu wenig, deshalb blieb das Auto unwiderruflich in Holland stehen. Was eigentlich schlimm ist, aber so kamen wir zu einer Traumfahrt in einem barbierosanem Cadillac, aber das ist eine andere Geschichte.
Ich lasse also nicht wegen dem Siezen die Tramper stehen, sondern wegen der Unordnung, was eigentlich schade ist.
Vor vielen Jahren habe ich, wie viele Frauen um mich herum das Buch : Das blutende Herz gelesen. Ich las es sogar vier und ein halbes Mal! Da wird die Geschichte einer Zugbekanntschaft und das folgende spontane erotische Abenteuer erzählt. Wir sagten uns damals, wenn wir nun nicht Zug fahren, aber so etwas einmal erleben wollen, müssen wir öfter mal einen Tramper mitnehmen.
Ich durchschaue meinen Schatzi! Er gibt die Verantwortung für das Auto offiziell nicht ab und räumt es auch nicht auf, um mich an eventuellen außerehelichen Abenteuern zu hindern.
Vielleicht sollte ich gleich einmal zum Auto gehen und ganz ohne Not etwas rausräumen, einfach so, ohne vorher etwas rein geräumt zuhaben, ohne gefahren zu sein. Vielleicht fange ich mit den gammeligen Bananenschalen an und wasche den Schlafsack!
Nora Tählich, alias Susann
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